Editorial »Kapverden verstehen«
»Morabeza« und »saudade« – vielleicht sind es diese Begriffe, die die Mentalität der Kapverdierinnen und Kapverdier am besten beschreiben: Lebensfreude, Gelassenheit und eine Sehnsucht, die all denjenigen innewohnt, die ihr Land verlassen. Denn den knapp 570.000 Menschen, die auf den Inseln leben, stehen etwa eine Million im Ausland lebende Kapverdier gegenüber. Dieses Auswandern und auch wieder Zurückkommen prägt die Gesellschaft und führt zu einer unkomplizierten sozialen und kulturellen Durchmischung, einem Lebensgefühl irgendwo zwischen Afrika, Europa und Amerika. Dabei ist der Spagat zwischen der emotional empfundenen Zugehörigkeit zu Afrika und den traditionellen Beziehungen zu Portugal nicht immer einfach.
So dauerte es seine Zeit, bis sich die Kapverden von der Bürde ihrer kolonialen Vergangenheit befreien konnten. Den neuen, nach der Unabhängigkeit aufgewachsenen Generationen ist dies allerdings recht gut gelungen. Durch eine fortschreitende Demokratisierung und die Orientierung am Prinzip der »good governance« verfügt Cabo Verde über ein vergleichsweise vorbildliches Verwaltungs-, Bildungs- und Gesundheitssystem. »Wir sind stets aufs Neue fasziniert, wie die Kapverden fast aus dem Nichts zu einem gut funktionierenden Staat wurden«, resümieren Susanne Lipps und Oliver Breda, die Redakteurin und der Redakteur des Magazins.
Wirtschaftlich ist der Archipel stark abhängig vom Tourismus, der sich auf die Inseln Sal und Boa Vista konzentriert. Das Problem ist erkannt: »Wir müssen den Tourismus auf die anderen Inseln bringen, um das Angebot zu diversifizieren, ohne die Substanz zu gefährden. Wir wollen ein ausgewogenes, umweltfreundliches und integratives Wachstum erreichen«, so der kapverdische Tourismusminister. Ein Strategiewechsel ist angesagt. Die spektakuläre Natur, die Lebenslust und die unnachahmliche Gastfreundschaft der Menschen bieten reichlich Potenzial.
Dietlind von Laßberg
Förderer des Magazins
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